Vor etwa 40 Jahren wurde die Varroamilbe nach Deutschland eingeschleppt. Sie verbreitete sich schnell im ganzen Land und sorgte für massive Völkerverluste. Die Milbe wurde zum ImkerInnenschreck, seitdem wird sie seitens der Menschen stark bekämpft. Vermutlich sorgte die Varroamilbe auch bei den wildlebenden Völkern für große Verluste, viele Imkerinnen und Imker hielten sie deswegen für verschwunden. Allerdings leben sie nach wie vor in unseren Wäldern, sie besitzen zwar im Vergleich zu den Menschenvölkern eine geringe Dichte, trotzdem haben sie es geschafft sich an vielen Orten zu etablieren. Eine Karte mit entdeckten wilden Völkern findest du hier.
Maßnahmen:
Im Laufe der Zeit haben sich in Imkerkreisen verschiedenste Maßnahmen zur Unterdrückung der Milbe durchgesetzt. Eine davon ist das Drohnenbrutschneiden. Meist im Frühjahr wird den Völkern Baurahmen gegeben, in dem sie den sonst fest vorgegebenen Zellgrößen der Mittelwänden entkommen können. In den Baurahmen werden dann deshalb ausschließlich Drohnenzellen gebaut, diese sind etwas größer und können nicht auf Mittelwänden gebaut werden. Da die Milben sich ausschließlich in verdeckelten Brutzellen vermehren können, bevorzugen diese die Drohnenbrut. Die Verdeckelungszeit ist in diesen um paar Tage länger, die Vermehrungsrate ist deshalb etwas größer. ImkerInnen nehmen nach der Verdeckelung die Drohnenbrut aus den Völkern und töten diese ab.
Die totale Brutentnahme beruht auf einem ähnlichem Prinzip. Hier wird allerdings nicht nur die Drohnenbrut entnommen, sondern die komplette Brut. Diese wird häufig im Sommer angewendet, denn auf Grund der Honigverordnung darf vor die Honigernte kein Medikament angewendet werden. Die totale Brutentnahme gewinnt auch deshalb in der letzten Zeit an immer größerer Bedeutung.
Die am weit verbreitetsten Behandlungen erfolgen allerdings mit Säuren. Diese werden in die Völker gebracht, die Wirkungsweg ist immer gleich, die Milbe stirbt, die Bienen überleben mit teils enormen Schäden. Bei der Säurebehandlung gibt es die unterschiedlichsten Varianten. Die besonders aggressive Ameisensäure wird oft mit Langzeitverdunstern im Spätsommer und Herbst genutzt. Eine stetige Menge an Dämpfen zirkuliert in den Völkern. Im Winter dann greifen die meisten zur Sprühbehandlung. Hierbei werden die Bienen mit der Säure benetzt, die Milbe stirbt dadurch innerhalb kurzer Zeit. Meist werden hier Milch und Oxalsäuren eingesetzt, welche im Vergleich zur Ameisensäure weniger aggressiv sind.
Folgen:
In den letzten Jahren kam es in der Imkerei zu einer stetig wachsenden Anzahl an Behandlungsmöglichkeiten. Aber auch die Anwendung ist gestiegen. So praktizierten die meisten Imkerinnen und Imker kurz nach der Einschleppung nur die Winetrsprühbehandlung mit Oxalsäure (vgl. Bienen&Natur, Sonderheft 02.2019, S.3, Abbildung). Im Laufe der Jahre wurde dann die Langzeitverdunstung der Ameisensäure zur Regel. Heute sind wir bei einem ganz Jahres Konzept. Bereits im Frühjahr greifen die ImkerInnen zum Drohnenschneiden, im Juli wird die komplette Brut entnommen, Ende August wird mit der Langzeitbehandlung mit Ameisensäure begonnen, im Herbst wird dies noch einmal wiederholt und im Dezember sprühen die ImkerInnen Milch oder Oxalsäure. Steigerungsmöglichkeiten sind kaum noch vorhanden. Hat die konventionelle Behandlungsmethodik versagt? Was sind die Gründe dafür, das die Milbe heute stärker bekämpft werden muss als früher?
Die Gründe treten in unterschiedlichen Arten auf, kommen jedoch meist auf das selbe heraus. Die Nachteil bei dem Drohnenbrutschneiden ist vor allem, das wir eine große Anzahl an Drohnen töten. Es gibt nicht mehr den enormen Überfluss bei Hochzeitsflügen, bei der die Königin begattet wird, und so kann sich durchaus auch mal eine schwächere Drohne gegen die Konkurrenz behaupten. Die Königin bringt dann schwächere, also krankheitsanfälliger Arbeiterinnen hervor. Die Varroamilben haben dann leichtes Spiel.
Die totale Brutentnahme bietet zwar kurzfristig vielversprechende Erfolge, hat aber langfristig fatale Folgen. Die Varroamilben lassen sich mit dieser Maßnahme hervorragend dezimieren, allerdings legt die Königin kurz darauf mehr Eier, um den Verlust auszugleichen. Die Bienenzahl ist im Winter im Vergleich zu einem verschonten Volk meist ähnlich. Durch den größeren Brutumfang hat die Varroa die Möglichkeit sich stärker zu vermehren, auch wird die Brutsaison nach hinten verlängert, wo durch die Milbe mehr Zeit hat sich zu vermehren. Auch altern die Arbeiterinnen durch die zusätzliche Arbeit schneller, die Futtervorräte werden überdurchschnittlich schnell verbraucht. Meist muss die Imkerin oder der Imker zusätzlich einfüttern, weitere Arbeit für die Bienen kommt hinzu. Die Brut muss wieder gesteigert werden, da die Sterblichkeit durch die Arbeit steigt. Kurz um kann also die Varroa durch diese Maßnahme gut bekämpft werden, wächst im folgenden aber oft stärker, als in Vergleichsvölkern.
Auch die Säurebehandlung schwächt die Bienenvölker, meist stirbt ein großer Teil der Brut ab, die Königin geht in Brutpause. Teilweise kommt es auch zum Königinnenverlust. Imkerinnen und Imker beobachten außerdem immer wieder ausgerissene Fühler auf den Boden der Beuten während dem Einsatz der Säuren. Was veranlasst die Bienen dazu, ihre hochsensiblen Fühler vom Kopf zu reißen? Heftiges aufbrausen kurz nach dem Einbringen dieser ist keine Seltenheit. Hinzu kommt, dass die Behandlung durch die Klimakrise unberechenbarer geworden ist. Bei Hitze, welche heute im August häufig der Fall ist, verdunstet die Säure schneller, ein zu hoher Gehalt im Bienenstock ist der Fall. Nur mit sofortigem reagieren kann das schlimmste vermieden werden.
All diese Maßnahmen stoppen die natürliche Selektion nach Kriterien der Varroatoleranz. Auch Völker die an der Varroa gestorben wären überleben. Varroatolerante Völker haben keinen Wettbewerbsvorteil, sie können sich nicht durchsetzten.
Wir stehen immer noch am gleichen Punkt, wie bei der Einschleppung. Es gab noch kaum Aussortieren, die Verluste wären ohne Behandlung stark, würden sich innerhalb von paar Jahren normalisieren, wie man es in Regionen in Südamerika, Afrika oder in Europa sehen konnte.
Auch das berühmte Gotland Projekt von 2000 bis 2005 in Schweden zeigte, Anpassungen innerhalb kurzer Zeit sind auch an höchst aggressive Feinde, wie der Varroamilbe, möglich. Man stellte 150 Völker unterschiedlichster Herkunft in einem weitgehend bienenfreien Gebiet an der Südspitze der schwedischen Insel Gotland auf. Die Bienen waren frei von menschlichen Eingriffen, nur eingefüttert wurde, wenn es nötig war. Nach dem Winter 2004 waren von den 150 Völkern nur noch sieben am Leben, es sah schlecht aus, allerdings wendete sich dann das Blatt, es ging aufwärts mit der Population und der Gesundheit. Ende 2005 sind es immerhin wieder 13 Völker (8,7%). Im Jahr 2010 hatte sich der Bestand bereits wieder auf 23 Völker erholt (Quelle hier)
Während die Bienen sich nicht selektieren können, werden die Milben es bei jeder Behandlung. Nur die stärksten überleben und vermehren sich, besonders gut ist das bei der medikamentösen zu beobachten. Die Milbe ist dadurch immer aggressiver und vitaler geworden, die Behandlungen musste so immer weiter gesteigert werden. Bei den Bienen hingegen wird eine Anpassung verhindert, auch varroaanfällige Völker überleben, vorroatolerante haben folglich keine Vorteil und können sich nicht flächendeckend durchsetzten.